Das Jesus-Testament by Kathleen McGowan

Das Jesus-Testament by Kathleen McGowan

Autor:Kathleen McGowan [McGowan, Kathleen]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-09-14T10:00:47+00:00


Seit dem heiligen Petrus hatte jeder Papst nach der Wahl einen neuen Namen angenommen. Ildebrando Pierloni wusste sofort, wie sein Name lauten würde. Zu Ehren seines Onkels, des abgesetzten Papstes Gregor VI., der sein Mentor und Lehrmeister gewesen war, nahm er den gleichen Namen an, bedeutete dieser doch: »Er, der sich um seine Herde sorgt.« Kluge Politiker erkannten diesen Schritt als das, was er war: eine machtvolle Aussage und eine bewusste Provokation, eine Botschaft an Heinrich IV., die jedermann klarmachte, dass die Schlacht zwischen der deutschen Krone und der Macht Roms noch lange nicht vorüber war.

Ende Juni 1073 wurde der erst kürzlich gewählte Ildebrando zunächst zum Priester geweiht und dann unter dem Namen Gregor VII. auf den Stuhl des heiligen Petrus erhoben.

Mathilde und Beatrix erschienen mit großem Gefolge in Rom, um der Investitur des neuen Papstes beizuwohnen und ihre Unterstützung für diesen Mann zu zeigen, der dem Volk von Lucca und Gottfried dem Älteren stets ein treuer Verbündeter gewesen war. Während Isabel Mathildes Haar für die Zeremonie schmückte, erklärte Beatrix ihrer Tochter, welche Förmlichkeiten es an diesem Tag zu beachten galt.

»Wir werden heute von vielen Leuten beobachtet, sodass du besonders auf dein Äußeres achten musst, Mathilde. Wir repräsentieren die Unterstützung halb Italiens für den neuen Papst. Deshalb rechne ich damit, dass man uns einen Ehrenplatz zuweist.«

Mathilde lachte und strich ihren teuren Seidenrock glatt. »Die Römer haben immer auf die Tuszier herabgeschaut«, sagte sie. »Und schlimmer noch, hier lässt man nicht zu, dass eine Frau Macht besitzt. Deshalb wird es mir eine große Freude sein, ihnen zu zeigen, wie eine tuszische Markgräfin aussieht! Ich hoffe, sie setzen uns in die erste Reihe, damit wir an den römischen Adeligen vorbeistolzieren und ihnen die Schamesröte ins Gesicht treiben können.«

Mathilde von Tuszien war nun siebenundzwanzig Jahre alt und außergewöhnlich reich und mächtig. Sie genoss die Vorstellung, im traditionsbehafteten Rom Aufsehen zu erregen, indem sie der heutigen Zeremonie ein wenig tuszische Farbe verlieh, während sie den schwerfälligen römischen Adel zugleich daran erinnerte, dass sie eine der wohlhabendsten und mächtigsten Herrscherinnen des Abendlandes war. Alles, was Tuszien im Ansehen der Römer – und des Papstes – hob, würde Mathilde und ihrem Volk schlussendlich zugutekommen.

Doch Mathilde hatte nicht nur Äußerlichkeiten zu bieten. Sie befehligte Zehntausende Ritter und Krieger, die sie jederzeit in die Schlacht führen konnte. Mathildes militärische Unterstützung – zumal sie die Pässe über den Apennin kontrollierte – würde der entscheidende Faktor im Krieg mit Deutschland sein.

Beatrix kam wieder auf die Frage des politischen Einflusses zu sprechen.

»Deine militärische Macht ist für den neuen Papst ohne Zweifel interessanter als alles andere. Auch wenn es wichtig ist, deinen Reichtum zur Schau zu stellen, darfst du nicht vergessen, was hier auf dem Spiel steht. Lass dich nicht zu irgendwelchen Frivolitäten hinreißen.«

»Natürlich nicht, Mutter.« Beatrix behandelte Mathilde noch immer wie ein Kind, obwohl sie halb Italien beherrschte und ihr Heer persönlich in die Schlacht führte. Mathilde hatte schon vor langer Zeit gelernt, in Gegenwart ihrer Mutter einfach nur gehorsam zu nicken, um dann doch zu tun, was sie selbst wollte.

Doch in diesem Fall hatte Beatrix vermutlich recht.



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